#83 Interdisziplinärer Praktiker: vom Werkstück zum Stadtraum
Shownotes
Sebastian Klawiter ist Schreinermeister, Architekt, Forscher und Vertretungsprofessor. Mit seinem eigenen Studio, Stadtlücken e.V. sowie in seiner Lehre und Forschung sucht er nach Wegen, Städte und Räume gemeinschaftlich zu gestalten. Ein Gespräch über Experiment, Material und das Denken mit der Hand.
Host und Produktion: Kerstin Kuhnekath Redaktion und Text: Katharina Lux
Übersicht aller Folgen mit weiteren Infos & Bildern zu unseren Gästen: https://www.baunetz-campus.de/podcasts
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Transkript anzeigen
00:00:00: Willkommen und seid gegrüßt zur dreiundachtzigsten Episode von Studiertum zu Bauen, dem Baunetz Campus Alumni Podcast präsentiert von Gira.
00:00:08: Ich bin Kerstin Kunikatz und mein heutiger Gast ist Sebastian Klawiter.
00:00:13: Los geht's!
00:00:14: Du bist Architekt, Innenarchitekt, Schreinermeister und Forscher.
00:00:18: Seit diesem Semester bist du Vertretungsprofessor für Grundlagen der Gestaltung und Experimentelles entwerfen.
00:00:24: An der Akademie der Bildenkünste, kurz AWK Stuttgart,
00:00:28: mit
00:00:28: deinem Studio arbeitest du an der Schnittstelle von Architektur, Handwerk, Urban Design, Kunst und Kulturarbeit.
00:00:37: Dein Werdegang ist besonders, weil die Mehrheit der Architekt-Innen in Deutschland Abitur macht und dann studiert, und zwar rund drei Viertel.
00:00:45: habe ich mir mal angeschaut.
00:00:47: Zirka ein Viertel macht sogar eine Ausbildung vorher und von diesem Viertel machen wiederum nur
00:00:52: geschätzte
00:00:53: zwei bis drei Prozent eine Schreinerlehre und den Meistertitel hat außer dir vielleicht niemand.
00:01:00: Ich weiß es nicht, ich kenne niemanden und ich habe auch keine Zahlen dazu gefunden.
00:01:04: Deswegen sehr spannend, wie du vom Handwerk zur Innenarchitektur und Architektur gekommen bist.
00:01:09: Darüber möchte ich gerne mit dir sprechen.
00:01:13: Wie bist du denn zunächst mal zum Tischlachentwerk gekommen?
00:01:18: Also vielleicht mal, um das Ganze vorwegzunehmen.
00:01:21: Das Ganze war nie wirklich geplant von langer Hand.
00:01:26: Es war ein bisschen Zufall, es war ein bisschen Glück.
00:01:31: Und es waren immer auch die richtigen Menschen, die mich in eine bestimmte Richtung mitbegleitet haben oder mich inspiriert haben oder mir Unterstützung angeboten haben.
00:01:43: Und ich glaube, ich war ein junger Schüler, der einfach viele andere Sachen wie Musik und Sport im Kopf hatte.
00:01:51: Und zu der Zeit auch ganz andere Flausen im Kopf hatte, als jetzt irgendwie seine Bildungsbiografie oder seinen Bildungsweg jetzt schon mal vor sich hin zu planen.
00:02:03: Ich war auf einem Gymnasium, was ich auch nur mit Ach und Krach als Übertritt geschafft habe und habe dann relativ früh auch gemerkt, dass ich mich nicht konzentrieren kann, dass ich eine leere Rechtsradschwäche habe und mich schon ziemlich schwer getan habe und meinen Eltern dann gesagt habe, dass ich gerne auf die Realschule gehen würde und darüber dann tatsächlich erst überhaupt in den Kontakt gekommen bin, mich zu überlegen, was ich eigentlich nach der Realschule mache und somit dann ins Handwerk gekommen bin.
00:02:34: Und da bist du Tischler erst mal geworden.
00:02:37: Du hast ja eine Lehre gemacht und dann hast du gesagt, das ist ja super.
00:02:42: Ich mache jetzt noch den Meister.
00:02:43: Also in der neunten Klasse gibt es dann natürlich, muss man sich entscheiden so, was will man denn eigentlich machen?
00:02:49: Fachoberschule heißt es hier in Bayern.
00:02:52: Dafür hatte ich dann auch nicht den Notenschnitt.
00:02:55: Und dann war es relativ klar, dass ich eine Ausbildung anstrebe und hatte ein Praktikum, hatte mehrere Praktika's gemacht und bin dann in der Schreinerei gelandet.
00:03:05: Eine ganz kleine Meister-Eder-Pumukkel-Schreinerei hier in München und habe dort meine drei Jahre Ausbildung gemacht zum Schreiner.
00:03:16: Und dann war natürlich danach die Frage so, wie geht es weiter?
00:03:19: Und ich hatte schon immer Interessen für Produktdesign, für Architektur, für Innenarchitektur.
00:03:26: Und es stand die Frage im Raum, gehe ich danach auf eine Berufsoberschule?
00:03:29: oder wie geht es denn dann eigentlich weiter?
00:03:32: Weil ich hatte schon das Gefühl, dass ich das Ganze nochmal irgendwie vertiefen möchte.
00:03:37: Und genau in dem Jahr gab es dann auf Bundesebene einfach eine Änderung.
00:03:43: auf der einen Seite, dass die Gesellenjahre gefallen sind.
00:03:46: Das heißt, vor der Meisterschule musste man eine bestimmte Anzahl an Gesellenjahre ablegen.
00:03:51: Genau, und auf der anderen Seite war klar, dass nicht nur noch die fünf besten Prozent aus den Meisterschulen ein Studium beginnen können, sondern dass das sich abzeichnet, dass das alle können dürfen danach.
00:04:08: Und somit war meine Entscheidung dann relativ schnell gefallen, dass ich mich gegen die Berufsoberschule, also ein Fachabitur, entscheide, sondern für die Meisterschule.
00:04:18: Und war dann auch einer der jüngsten in der Meisterschule für Schreiner in München, was eine Vollzeitschule ist.
00:04:24: Vier Semester plus Meisterstück.
00:04:26: Genau, und bin dann da, ich weiß gar nicht mehr, wann das Jahr war, in die Meisterschule eingetreten.
00:04:33: Die Jahre sind egal.
00:04:35: Wir gehen zu der Reihenfolge nach.
00:04:37: Das war ein kluger Move.
00:04:39: Das Handwerk braucht ja auch interessierte Menschen und auch vor Jahren war das schon so.
00:04:43: Also, dass man dann studieren kann.
00:04:44: Das heißt, stand dir die Tür dann auch offen für ein Studium für Innenarchitektur?
00:04:48: Wann war dir das denn klar, dass du das machen möchtest?
00:04:51: Also, wusstest du direkt nach der Meisterschule, willst du dann auch studieren?
00:04:55: Also, ich hatte das schon in so einem Bauchgefühl, dass ich das gerne machen würde.
00:05:00: Zu der Zeit war das nicht hundertprozentig.
00:05:02: klar, wie das eigentlich funktioniert, weil auch Hochschulen mir abgesagt haben tatsächlich, dass sie davon nichts wissen oder wie auch immer.
00:05:10: Es war glaube ich einfach noch nicht so stark kommuniziert und es gab auch tatsächlich noch niemanden, der mit dem Meister wirklich in die Universität oder in die Fachhochschule zu der Zeit gegangen ist.
00:05:20: Und ich bin dann nach Kobok gegangen und habe dort angerufen und es war wirklich ein total herzliches Empfangen.
00:05:26: So ja klar, kommen Sie vorbei.
00:05:29: Es war überhaupt gar keine große Diskussion und Frage dann dort, das Studium aufnehmen zu können im Bachelor.
00:05:36: Fachbezogen in der Architektur.
00:05:38: Mittlerweile ist es aber auch möglich mit der, ich habe es gestern Abend extra noch mal nachgeguckt hier an der TU München, dass du auch an eine ganz normale Universität gehen kannst und Space Engineering studieren kannst.
00:05:50: Also da hat sich auch noch mal was getan von der Zeit, wo ich angefangen habe bis heute.
00:05:55: Werbung.
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00:06:46: Dann warst du irgendwann fertig mit Innenarchitektur und hast direkt weitergemacht mit Architektur dann.
00:06:52: Ja, so einfach ist es dann auch nicht.
00:06:53: Ich habe ja gesagt, es ist nicht geplant gewesen, sondern es ist auch alles so ein bisschen gekommen.
00:06:59: Ich habe im Bachelorstudium ein Praxissemester gehabt.
00:07:04: Dieses Praxissemester wollte ich bei einer spannenden Person machen oder in einem spannenden Büro und bin zu der Zeit auf Assif Kahn gestoßen, ein ganz junger Absolvent damals von der AA und der Bartlett in London.
00:07:17: Ich habe den dann aus unserem gemeinsamen Atelier in Koburg angerufen.
00:07:23: Wir haben dort einen Verein gehabt, der hieß Wirgestalten, EV und Zusammenschluss aus Produktdesignern, Architekten und Innenarchitekten.
00:07:31: Und der mich auch geprägt hat, sozusagen mich auch nach so einem Praktikumsplatz umzusehen.
00:07:37: Also kein klassischer Architekt, sondern ein ganz junger, der in den unterschiedlichsten Maßstäben arbeitet.
00:07:43: Von der Installation zur Architektur bis hin zum Produktdesign.
00:07:48: Hab den angerufen, war mir aber auch nicht so wirklich bewusst, dass der gerade erst die Uni abgeschlossen hat.
00:07:54: Und er hat gesagt, eigentlich nimmt er keine Praktikanten oder hat er auch noch nie einen, aber ich könnte vorbeikommen.
00:08:00: Und dann bin ich nach London gefahren, hab mich mit ihm dort getroffen.
00:08:05: Und dann haben wir das in trockene Tücher gepackt und ich bin dann halbes Jahr später nach London gegangen.
00:08:11: Noch vor deinem Architekturstudium.
00:08:13: Genau.
00:08:14: Es war vor meinem Architekturstudium.
00:08:17: Und ich habe dort mein Praxissemester gemacht und bin dann aber einfach geblieben, weil ich gemerkt habe, dass es mir einfach unglaublich viel Freude macht, dort zu arbeiten, weil ich die Stadt, die Leute einfach lieben gelernt habe, vor allem auch die Sprache, die Kultur, wurde dann aber wieder zurück nach Koburg zitiert, um meinen Bachelor.
00:08:35: Abschluss doch fertig zu machen.
00:08:36: Das habe ich dann auch gemacht, habe ich glaube ich auch sehr gut gemacht und bin aber danach direkt wieder nach England gegangen, um dort einfach weiterzuarbeiten an unglaublich spannenden Projekten in den verschiedensten Maßstäben, superexperimentell und ja, Erfahrungen zusammen.
00:08:53: Wann war dir klar, so ich gehe jetzt wieder nach Hause und studiere Architektur?
00:08:58: Also da muss man vielleicht nochmal so einen kleinen Aushohler machen.
00:09:02: Assif ist ein... Autoren-Designer erst mal, würde ich mal sagen, der natürlich mit unterschiedlichen Leuten Projekte anstößt, aber zu der Zeit ist mir das irgendwie auch bewusst geworden.
00:09:12: Auf der einen Seite, auf der anderen Seite habe ich schon auch immer gemerkt, so irgendwie würde ich gerne noch einen Master machen, ich würde gerne noch mehr lernen.
00:09:19: Ich lerne zwar hier schon unglaublich viel über Architektur und Produktdesign und wie das alles funktioniert, aber ich hatte irgendwie das Bedürfnis, noch weiter zu lernen.
00:09:28: und ich habe in London dann jemanden auch kennengelernt, die in Stuttgart studiert hat, an der Kunstakademie studiert hat, die lustigerweise jetzt Professorin in Koburg für Produktdesign ist, Natalie Beinmann, viel Grüße.
00:09:42: Das war mit unter anderem einen Grund nach Stuttgart zu gehen, aber auch weil meine jetzige Frau dort ihren Master angefangen hat.
00:09:50: Ja, so bin ich dann auch an die Kunstakademie gekommen und so bin ich auch dann in den höheren Maßstab, in die Architektur dann tatsächlich auch reingekommen.
00:09:58: Gott sei Dank.
00:09:59: Und jetzt steht ein Städtebaustudium an.
00:10:02: Das wäre sozusagen Konsequenz.
00:10:04: Noch weiter dem Maßstab.
00:10:07: Ja, der hat sich ja dann tatsächlich so ein bisschen von alleine daraus gegeben, dass wir auf der einen Seite an der Kunstakademie ja in einem Klassensystem arbeiten, wo man sich eben auch bestimmte Schwerpunkte auch selber zusammenstellen kann.
00:10:18: Und meine Schwerpunkte waren dann tatsächlich oft im städtischen Raum.
00:10:23: Und diesen Maßstabssprung habe ich ja dann tatsächlich auch nach der Kunstakademie als akademischer Mitarbeiter bei Martina Baum am Städtebaulährstuhl.
00:10:32: Da war ich dann akademischer Mitarbeiter.
00:10:35: Was bedeutet denn dieser Bildungsweg für dich?
00:10:38: Du hast ja den Zugang bekommen, weil Institutionen auch entschieden haben, das ist jetzt möglich.
00:10:43: Und es scheint ja eine
00:10:44: super
00:10:45: gute Kombination zu sein, dieses handwerkliche Plus daneben in der Architektur und Architektur.
00:10:50: Für dich ist das super aufgegangen.
00:10:52: Was denkst du über diese Art der Bildung?
00:10:54: Gerade weil viele vom Abitur z.B.
00:10:56: direkt ins Studium gehen?
00:10:59: Als erstes ist es ein großes Glück, dass wir es geschafft haben, so ein durchlässiges System überhaupt zu schaffen.
00:11:06: Das ist ja auch keine Selbstverständlichkeit.
00:11:08: Ich musste da irgendwie noch meinen eigenen Weg durchfinden, weil ich so ... irgendwie gefühlt der erste war der versucht hat sich da irgendwie so so ein shortcut durch zu arbeiten.
00:11:17: das war ja auch nicht geplant und es war auch ein umweg in einer gewissen art und weise.
00:11:21: aber auf der anderen seite war es überhaupt kein umweg sondern es war einfach mein weg den ich da irgendwie durch diese bildungsinstitutionen gehen musste um auch im endeffekt der dann zu werden wo ich mich jetzt auch gerade befinde und ich würde da einfach gar keine station missen wollen weil es natürlich die auf der einen Seite Chancen aufmacht, es macht aber auch ganz viele Hürden auf, wenn du irgendwo anrufst und sagst, ja nee, davon haben wir noch nie was gehört.
00:11:45: Es lässt dich natürlich auch total auf zweifeln, aber auf der anderen Seite bekommst du unglaublich viele Erfahrungen und diese verschiedenen Perspektiven und vor allem diese verschiedenen Maßstäbe.
00:11:55: Wir haben bevor der Aufzeichnung einfach kurz ja nochmal gesprochen, so wie eigentlich auch Handwerk in unserer, ja in unserer Gesellschaft gerade auch gesehen wird und wie viel Verständnis unterschiedliche Blasen voneinander haben.
00:12:09: Und ich muss sagen, dieser Spagat zwischen Praxis und Theorie, der hat mich beide Seiten unglaublich schätzen gelernt und mir einfach geholfen, so ein bisschen so eine Übersetzungsleistung, vielleicht gerade in solchen Themen und in solchen Gesprächen möglich zu machen.
00:12:25: Und welche Rolle das auch in deiner Lehre spielt.
00:12:27: Dazu kommen wir gleich auch noch.
00:12:29: Wie hat denn der handwerkliche Zugang dein Verständnis von Gestaltung geprägt?
00:12:35: Also das ist natürlich auch so ein zweischneidiges Schwert.
00:12:37: Ich hatte erst letztens ein total spannendes Gespräch in Stuttgart mit einem Kollegen, der auch diesen Bildungsweg gegangen ist, also auch über das Schreinerhandwerk in die Gestaltung gekommen ist und es ist auf der einen Seite total gut, weil man einfach in Konstruktion so dieses vom Kopf in die Hand, das ist einfach ein viel verständlichere, viel intuitiveres Herangehen an Konstruktionen, Details, man weiß auch einfach schon mal wie so ein Fenster, wie schwer das ist, wenn man das jetzt mal in seine Fassade rein plant.
00:13:13: Auf der anderen Seite merkt man aber auch, dass man auch so klassischen Pfaden hinterherrennt, weil eben ein Handwerk hat halt auch seine Traditionen und die so ein bisschen in Frage zu stellen und zu überspringen oder neu zu denken, das kostet natürlich dann auch Zeit, Mut.
00:13:31: und aber auch sich sozusagen selber und das Handwerk zu reflektieren und so zu überlegen, so ist es eigentlich noch, brauchen wir das noch?
00:13:37: oder was ist denn daran wertvoll oder was, wo muss ich vielleicht neu denken?
00:13:42: Und deswegen ist es so ein bisschen, glaube ich, so ein zweischneidiges Schwert.
00:13:48: Da kann man jetzt nicht sagen, das ist voll gut oder voll schlecht.
00:13:51: Ich glaube, das ergänzt sich einfach sehr, sehr gut miteinander.
00:13:54: Ja, klingt so.
00:13:55: Also es klingt total sinnvoll, diese Reflexion.
00:13:58: Deiner Masterarbeit im Architekturstudium hat ein modulares Konzept für Kollektive und Initiativen entworfen.
00:14:06: Also kein klassisches Entwurfsprojekt aus der Architektur.
00:14:09: Was natürlich jetzt auch zu dir passt.
00:14:11: Wie sah das Konzept aus?
00:14:12: Worum ging es da?
00:14:15: Es war vielleicht eher eine Systemarchitektur als eine klassische Architektur.
00:14:22: Und es war auch wieder ein bisschen Zufall, ein bisschen Glück, eine gemeinsame Haltung.
00:14:27: Wir wollten kein Projekt in der Masterarbeit entwickeln, was danach in der Schublade verschwindet.
00:14:34: Wir wollten aber auch aktiv werden in der Stadt, in der wir leben, die uns aber auch viel gegeben hat und in die wollten wir uns in einer gewissen Art und Weise einbringen.
00:14:43: Und wenn ich von mir sprech, sprech ich von mir und Hannah Noller, mit der ich gemeinsam diese Masterarbeit angefangen habe.
00:14:49: Und allein das war wahrscheinlich schon ein großer Zufall, weil wir uns einfach an der Veranstaltung vom Real Labor Space Sharing auf einer Bierbank getroffen haben und einfach darüber diskutiert haben wie wir uns eigentlich vorstellen eine masterarbeit zu schreiben oder was so eine masterarbeit eigentlich auch für jemanden bedeutet der sozusagen auch einfach damit sein studium beendet.
00:15:10: sie ist auch schreinerin und das hat einfach sehr sehr gut funktioniert und hat einfach irgendwie gleich von Anfang an gefruchtet.
00:15:17: und dann haben wir gemeinsam angefangen diese idee zu entwickeln eines für ein Kollektiv, für eine gemeinsame Gruppe, die an Stadt arbeitet, die Lücken sucht und diese Lücken als Angriffspunkte in einer sehr dichten und eh schon sehr knappen Stadt sieht, um Initiative zu ergreifen und das Bewusstsein für Stadt zu schärfen.
00:15:40: Also es war wirklich ein theoretisches Konzept und nicht ein haptisches Objekt.
00:15:46: Es war wieder beides, weil wir haben nicht nur sozusagen diese Idee dieses Kollektiv entwickelt.
00:15:53: oder dieses Verein, sondern wir haben auch gleichzeitig uns eine Strategie überlegt, wie wir mit unterschiedlichen Menschen gemeinsam stattentwickeln können.
00:16:03: Und die sind der Frage nachgegangen, wem gehört eigentlich die Stadt?
00:16:06: und aber immer auch mit der Perspektive in diese Arbeit gegangen, dass wir Gestalterinnen sind und dass wir eben aber auch diese Strategien sichtbar werden lassen müssen im öffentlichen Raum.
00:16:18: in dem Raum, wo wir alle einfach auch zusammenkommen, wo wir gemeinsam handeln, verhandeln und wo wir uns eben auch auf Augenhöhe treffen können.
00:16:28: Und aus dieser Masterarbeit ist dann später die gemeinnützige Initiative Stadt Lücken e.V.
00:16:33: entstanden.
00:16:34: Die hast du mit initiiert.
00:16:36: Wie kam es zu dieser Entwicklung?
00:16:39: Schon während der Masterarbeit waren wir nicht alleine.
00:16:41: Da sind relativ schnell unglaublich tolle Leute.
00:16:45: Dazu gestoßen sie jetzt
00:16:46: von außen.
00:16:47: Als erstes mal nähere Bekannte und Freunde, aber dann auch ganz unterschiedliche Menschen.
00:16:51: Am Schluss waren wir, oder sind wir hier zu knapp thirty-fünf Leute, die verschiedensten Menschen und Disziplinen, die man sich vorstellen kann.
00:16:59: Und während wir diese Maßarbeit geschrieben haben, also in unserem Atelier gearbeitet haben, haben uns auch schon verschiedenste Menschen unterstützt und einfach diese Idee auch schon total angenommen und mit uns gemeinsam diese Idee auch weiterentwickelt.
00:17:16: Und tatsächlich nach der öffentlichen Präsentation an der Kunstakademie hatten wir am nächsten Tag schon die erste gemeinsame Veranstaltung in einer Art Format, was wir entwickelt haben einmal im Monat, wo wir diese Idee öffentlich vorgestellt haben und einfach auch unser Anliegen angebracht haben, dass wir einfach gerne gemeinsam arbeiten wollen, dass wir nicht alleine arbeiten wollen, dass wir für die Stadt arbeiten wollen, dass wir Lücken suchen wollen und gemeinsam mit der Stadtgesellschaft herausfinden wollen, wie wir eigentlich Stadt gestalten können.
00:17:49: Und Stadtlücken beschäftigt sich mit der Frage, wem die Stadt gehört und versteht öffentliche Räume als Orte der Aushandlung.
00:17:58: Was bedeutet für dich Stadt als gemeinschaftlicher Raum und wie kann Gestaltung hier politisch und sozial wirksam werden?
00:18:06: Also für mich ist Stadt erstmal kein... fertiger Raum, sondern es ist ein gemeinsamer gestaltbarer Prozess.
00:18:15: Und öffentliche Räume, also Räume, in denen wir uns als Stadtgesellschaft bewegen, die wir mit produzieren, die gehören uns allen und sie werden von Menschen angeeignet, mitgestaltet und sie müssen sie auch in irgendeiner Art und Weise verhandeln können.
00:18:32: Und öffentlicher Raum ist für mich wie eine Grundlage eines demokratischen Zusammenlebens.
00:18:40: Und statt entsteht eben dort, wo Menschen sich begegnen können und wo sie sich austauschen können, wo sie ihre eigenen Bedürfnisse verhandeln können.
00:18:49: Und da sehen wir Gestaltung als eine offene Einladung, nicht um Architekturenräume festzulegen oder wieder Raum genutzt werden soll, sondern um Spielräume zu ermöglichen, für ein gemeinschaftliches Handeln.
00:19:07: was es eben ermöglicht, zusammen über Gestaltung nachzudenken.
00:19:12: Und Gestaltung wird dadurch wirksam, dass sie Zugänge schafft, dass sie Fragen stellt und nicht Antworten auf alles gibt, dass sie gemeinschaftliche, also kooperative Strategien entwickelt, mit den Menschen arbeitet, dass sie Dinge sichtbar macht, die vielleicht davor unsichtbar waren und vor allem, dass sie ein Bewusstsein für die eigene Umwelt schafft und so ein bisschen einen Blick schärft für Dinge, die uns in einer Stadt wichtig sein sollten oder die wir einfach zusammen gemeinschaftlich nutzen können.
00:19:47: Welche Rolle spielt denn da die Möglichkeit, auch das aus universitären Arbeiten wie Eurer?
00:19:54: solche Strukturen und Initiativen entstehen können, weil es sind ja dann besonders auch frische Gemüter, die da ans Werk gehen.
00:20:01: Welche Bedeutung hat das, diese Möglichkeit, dass das wirklich ins Realleben übertragen werden
00:20:06: kann?
00:20:09: Also ich glaube, wenn sich junge Menschen engagieren und wenn sie Haltung beziehen, wenn sie Verantwortung übernehmen, wenn sie aktiv und kritisch sozusagen ihrem Umwelt und ihrer Umwelt gegenübertreten, wenn sie sich in unsere Gesellschaft einbringen, dann ist das wahrscheinlich das Beste, was uns passieren kann, weil sie dadurch einfach auch dieses demokratische Zusammenleben stärken.
00:20:34: Und ich durfte das jetzt ein paar Mal in meiner akademischen Laufbahn irgendwie miterleben, dass ich aus Entwürfen, die wir angeboten haben oder die ich angeboten habe, Initiativen rausgebildet haben.
00:20:49: Da möchte ich vielleicht einmal den Necker Insel EV grüßen.
00:20:53: Die letzte und einzigste Insel Stuttgart.
00:20:56: Das ist eine Idee, die aus so zwei Gedanken wahrscheinlich raus entstanden ist, einmal aus einem Entwurf.
00:21:05: der hieß provisorische Architektur.
00:21:06: Es ging darum, öffentliche Räume zugänglich zu machen, die eben noch nicht öffentlich sind oder wo es Architekturen braucht, die in einer gewissen Art und Weise so Sichtweisen verändern können.
00:21:17: Daraus ist eine Masterarbeit entstanden und mittlerweile ist es ein ziemlich großer, toller, junger und starker engagierter Verein, der sich um das Wissen von Wasser in Stuttgart kümmert, um den NECA dort eine Forschungsstation entwickelt hat und aufgebaut hat.
00:21:34: und so ein Bewusstsein für dieses Wasser und die Stadt einem Wasser auch schaffen möchte.
00:21:37: Also gerade so junge Initiativen können einfach ganz viel mit ihrer Energie freisetzen, die auch in der Stadt unglaublich gut tun
00:21:47: können.
00:21:49: An welchem Punkt hast du entschieden, dich selbstständig zu machen?
00:21:54: Mit deinem Studio?
00:21:56: Da geht es auch wieder genauso wie, was sich so ein bisschen durch den Podcast durchzieht, dass es da auch keinen Plan gab oder dass das nicht auf einmal entstanden ist, sondern dass das immer parallel und überlappend war.
00:22:09: Ich habe schon immer in einer gewissen Art und Weise selbstständig gearbeitet, ob das dann als Schreiner war oder nach dem Studium bei Assif Kahn als selbstständiger Angestellter oder dann freie Entwürfe gemacht habe neben dem Möbelentwürfe, neben dem Studium.
00:22:26: Ich hatte das Glück, ein Stipendium an der Akademie Schloss Solityt in Stuttgart zu haben.
00:22:32: Ein Raum, wo man einfach arbeiten kann und wo man sich auch so ein bisschen Zeit hat, sich selber zu sortieren, weil es wirklich in der Einsamkeit von Stuttgart liegt.
00:22:41: Wir waren dort über Corona, also wenn ich von dir spreche, spreche ich von meiner Tochter und meiner Frau.
00:22:49: Das ist auch das Tolle an diesem Stipendium, dass man eben dort nicht alleine hingehen muss und alleine im Kämmerlein denken muss, sondern man hat dort...
00:22:56: Was so lebensfern ist, oft für viele Menschen lebensfern, also es ist schön, dass die Familie mit
00:23:01: kann.
00:23:02: Genau und gleichzeitig sind aber dort ganz viele Menschen aus den unterschiedlichsten Disziplinen, die genau die gleichen Themen mitbringen.
00:23:12: Und dort habe ich einfach gemerkt, dass ich nicht alleine arbeiten möchte, dass ich auch noch nie alleine gearbeitet habe und habe das so ein bisschen auch zu dem Grundsatz gemacht, wie ich in Zukunft arbeiten möchte und zwar immer in Zusammenarbeit.
00:23:27: und deswegen steht bei meinen Projekten auch immer unten dieses sogenannte Unzeichen oder das ist ein Kaufmannszeichen eigentlich ein altes und das räumt den Leuten Raum ein, die mit mir Projekte zusammen machen.
00:23:42: Und ich habe einfach das Gefühl, dass Projekte in einer Gruppe oder in einem Team immer nochmal ein Ticken besser werden, als wenn man sie alleine in seinem eigenen Kämmerchen durchdenkt.
00:23:55: Und dieses Zeichen ist ein Handwerks- und Kaufmannszeichen.
00:23:58: Und ich finde, es ist einfach auch ein total schönes Symbol zu zeigen, dass man eben zusammen mit Menschen arbeitet.
00:24:05: Du hast jetzt gerade eben nochmal deine Londoner Zeit erwähnt im Asif Kahnstudio.
00:24:12: Sag nochmal kurz bitte, was hast du da alles gemacht?
00:24:14: Das waren ja einige Projekte für die London Olympics, die Art Basel und das Guggenheim Helsinki, also auch anspruchsvolle
00:24:21: Projekte.
00:24:23: Magst du kurz daraus noch erzählen aus der Zeit?
00:24:28: Ich hatte ja vorher kurz beschrieben, dass ich während meinem Innenarchitektur Studium sozusagen schon angefangen habe, versief zu arbeiten, damals als sein erster Praktikant oder eigentlich als sein erster Mitarbeiter und dann über die nächsten Jahre einfach mit ihm auch mitgewachsen bin und dann aber auch so ein bisschen das Glück hatte, dass er und zu der Zeit auch noch Penilla Orstedt Projekte gewonnen haben und dass wir da Wettbewerbe gewonnen haben von den ich mir eigentlich auch nicht hätte träumen lassen können.
00:24:58: Ich habe mich damals bei ihm beworben, weil ich ein kleines Café gefunden habe, das West Beach Café, was mir unglaublich toll gefallen hat, weil es kein klassisches Café ist, sondern einfach eine sich bewegende Architektur.
00:25:11: Und auf der anderen Seite hat er Möbel fürs Designmuseum gemacht, wo er sehr poetisch mit einem Unkraut, was eigentlich überall in London wächst, Stühle, einen Tisch und eine Lampe entworfen hat.
00:25:25: Und in dieser Zeit sind unglaublich viele Projekte auf verschiedensten Maßstäben entstanden.
00:25:32: Also gerade die Beatbox, was eben ein Pavillon für die Olympiade in London war, aber eben auch für die Art Basel eine Installation, wo wir mit Seifenlauge und Helium eine Regenüberdachung entwickelt oder eine Sonnenverschattung entwickelt haben, aber auch genau dieser große große Wettbewerb für das Helsinki Museum, das Guggenheim Museum, was wahrscheinlich der größte Wettbewerb in Europa jemals oder weltweit jemals war, wo wir unter die letzten vier gekommen sind.
00:26:11: Also es klingt so vielseitig, was ihr da gemacht habt und auch zu dem, was du vorher gemacht hast.
00:26:18: Das wird sicherlich auch alles in deine Lehre einfließen, zu der ich jetzt auch gerne mal kommen würde.
00:26:25: Du bist seit Jahrzehnten in der Lehre an verschiedenen Hochschulen tätig.
00:26:29: In deiner Forschung an der TU München hast du dich mit der Transformation von Großstrukturen und mit nachhaltiger Stadtentwicklung beschäftigt.
00:26:37: In dem Projekt Riesenchancen für die Stadt.
00:26:40: Wie forscht du hier?
00:26:41: Oder ist das schon vorbei?
00:26:42: Weil du ja auch eben gesagt hast, du bist gar nicht mehr an der TU München.
00:26:46: Das Projekt läuft aber, Riesenchancen für die Stadt.
00:26:49: Das Projekt läuft noch.
00:26:50: Ja, es ist vielleicht besser zu beschreiben, als ein Zusammenhängen des Projekts aus unterschiedlichen Seminarformaten, Studioformaten, einem Design Sprint, dem sogenannten Schrettverfahren und eben jetzt auch einem Symposium, was diese Woche am dreißigsten Oktober hier in München stattfinden wird.
00:27:10: Engineering Together heißt das Ganze und dieses Forschungsfeld dieser Großbauten der Nachkriegszeit, also besprechender von Warenhäusern, von Einkaufszentren, von Büroensemble oder Verwaltungsgebäuden, die über die letzten Jahre aus der Nutzung gefallen sind.
00:27:29: In dem Themenfeld versuchen wir rauszufinden, welches Potenzial solche Großstrukturen, die auf der einen Seite Quartier und auf der anderen Seite Stadt in einem vielleicht auch sind, was die für Potenziale für eine nachhaltige Quartiersentwicklung eigentlich haben und vor welche Herausforderungen da auch Planende gestellt werden.
00:27:50: Und man spricht da oft von sogenannten obsoleten Strukturen.
00:27:54: Das war ein Forschungsprojekt von der Savine Tastel und dem Stefan Rettig, wo es einfach darum geht, dass ganz viele Strukturen in den nächsten Jahren aus der Nutzung fallen werden, unter anderem auch Kirchen, und wo wir uns einfach Gedanken machen müssen, wie wir in Zukunft mit diesen Gebäuden umgehen, wie wir sie am besten transfümieren, nicht abreißen und wie wir gerade in solchen Großstrukturen einfach auch gemeinsam aus den unterschiedlichen Disziplinen der Gestaltung und der Ingenieurswissenschaften an diese Themen herangehen
00:28:26: können.
00:28:26: Also von der Betonung her eher riesen Chancen für die Stadt.
00:28:32: Genau.
00:28:32: Sie erinnern ja so ein bisschen auch an den Herrn Turtur.
00:28:36: Ich weiß nicht, ob dir der was sagt.
00:28:37: Der Herr Turtor ist ein Riese, ein sogenannter Schein-Riese aus dem Märchen- und Kinderbuch Jim Knopf.
00:28:45: Und dieser Riese, der schaut von Weitem ziemlich groß und gefährlich aus und alle wissen so nicht so genau, was sie mit ihm machen sollen.
00:28:53: Und je näher man kommt, umso mehr man sich mit ihm beschäftigt und auf ihn einlässt, umso kleiner wird er auch und so händelbarer wird er auch.
00:29:02: Für uns, und da spreche ich im Team, das ist Marc Michaelia und Anna Maria Meyerhofer, waren diese Scheinriesen oder sind diese Großstrukturen der Nachkriegszeit auch in einer gewissen Art und Weise Scheinriesen, wo wir uns als Architektinnen schafft, vielleicht auch so ein bisschen Angst davor haben vor diesen Großstrukturen, sie auch zu händeln und sie wieder auch für ihnen eine andere Nutzung.
00:29:29: hinzuzufügen oder sie zu transformieren.
00:29:31: Also die Händelbarkeit aufzeigen.
00:29:35: Ich habe den Eindruck, dass Bauherrinnen mindestens genauso sehr Angst vor dem Schein riesen haben.
00:29:41: Das
00:29:41: scheint so ein Ding zu sein.
00:29:43: Architektinnen, denke ich immer, die haben irgendwie schon auch oft sehen die das und denken, da kann man was daraus machen.
00:29:48: Das Potenzial sehen.
00:29:51: Ja, interessant.
00:29:52: Seit dem Wintersemester, Akademie der Bildendenkünste Stuttgart, die Klasse ABK Groundworks, Grundlagen der Gestaltung und Experimentelles entwerfen, die du als ein
00:30:06: Testfeld
00:30:07: für Wahrnehmung, Material und Atmosphäre beschreibst, beziehungsweise so steht es auf der Website, ein Ort, an dem Studierende eine gemeinsame Sprache entwickeln sollen.
00:30:18: Warum nennst du es Groundworks und wie stellst du diese Grundlagenlehre auf?
00:30:26: einfach ein unglaublicher spannender Ort mit jungen Gestalterinnen zu arbeiten und sie auf ihrem Weg zu begleiten, in dieses große Feld der Gestaltung einzutauchen.
00:30:36: Und ich führe ja in einer gewissen Art und Weise als Vertretungsprofessor die Klasse von Fahe Mohamadi, damals Inkubator, aber jetzt unter dem neuen Titel Groundworks Ford und nehmen ganz viele Sachen auf, die er damals auch schon oder die er in den letzten Semestern gemacht hat.
00:30:53: nämlich auf und entwickeln, aber trotzdem diesen Ansatz weiter.
00:30:59: Und ja, es ist tatsächlich ein Testfeld für die ersten intuitivgestalterischen Erkundungen im Studium und es ist auch einfach total wichtig, dass man das als Erkundungen sieht.
00:31:10: Einfach, um da so ein bisschen ein Gefühl dafür zu kriegen, aus was für Schichten eigentlich Gestaltung besteht, welche Maßstäbe, welche Perspektiven nicht einnehmen muss, um in diesem breiten Feld der Gestaltung einfach so ein bisschen auch einen Überblick zu kriegen.
00:31:26: Und wir bedienen uns da einer Methode, der Stratigraphie, das hört sich jetzt sehr sperrig an, aber es ist eine Methode, in der es darum geht, schichten, sichtbare, aber auch unsichtbare Schichten unserer Umwelt frei zu legen, also Materialität, Form, Licht, Atmosphäre, diese ganzen Dinge erfahrbar zu machen und diese Schichten als Fragmente und als Grundlage für die Entwurfsarbeit dann auch nutzbar zu machen.
00:31:59: Und da kommen wir vielleicht auch schon zu dem Begriff Groundworks, was für mich auch ein langer Prozess war, über ein Wort nachzudenken, was sozusagen meine Arbeit, aber auch die Grundlagen der Gestaltung in einer gewissen Art und Weise ein bisschen beschreibt, die aber auch meine Haltung hin zur Gestaltung beschreibt.
00:32:20: Groundworks ist eine Arbeit, die als Vorbereitung für eine spätere Arbeit geleistet wird.
00:32:27: Also es ist auf der einen Seite Construction and Engineering, also der sogenannte Groundworker, der die Fundamente für ein Gebäudesetzt, der so wirklich handwerklich auch tätig ist.
00:32:40: Auf der anderen Seite spricht man aber auch bei Groundworks von theoretischen Dingen, die festgelegt werden.
00:32:49: Also im Englischen sagt man ganz klar, they laid the groundworks for that and that paper.
00:32:54: Das bedeutet aber auch, dass sich groundworks im Übertragenen sind, nicht nur mit Händen machen kann, sondern eben auch mit dem Kopf.
00:33:00: Und genau diese Verbindung zwischen Kopf und Hand soll sozusagen so ein Fundament dieser Grundlagenklasse in der Gestaltung sein.
00:33:11: Das heißt, du bringst da das Handwerk durchaus mit rein und da sehen wir wieder den Vorteil davon, wenn Menschen Handwerk und Design und Architektur zusammenbringen können.
00:33:22: Warum ist dir das analoge und gemeinsame Lernen so wichtig?
00:33:27: Warum ist mir das analoge und gemeinsame Lernen wichtig?
00:33:30: Weil wir die letzten Jahre einfach Gefühl zu viel in unseren elfenbeinen Türmen der Universitäten gesessen sind und ich so das Gefühl habe, dass wir viel mehr wieder raus müssen, raus in die Stadt, raus in unsere Umwelt, aber auch raus in die Stadt, um einfach andere Menschen kennenzulernen und mit unseren Gestaltungen auch an die Menschen wieder ran zu gehen und mit ihnen gemeinsam zu sprechen, zu verhandeln.
00:33:54: Und das Ganze machen wir in unterschiedlichen Formaten.
00:33:57: Wir haben sogenannte Spaziergänge, mit denen wir gemeinsam mit den Studierenden durch die Stadt gehen, durch unsere Testfelder gehen und vor Ort einfach auch in die Diskussion mit den Studierenden gehen.
00:34:10: Andere Formate, Exkursionen, um andere Kontexte kennenzulernen, es geht um Einzelarbeiten, es geht um Gruppenarbeiten, aber es gibt natürlich auch, dass sie als Gemeinschaft verstehen, dass Gestaltung kein fertiges Objekt ist, sondern das ist in einer gewissen Art und Weise auch ein Prozess, ist eine Aushandlung und ein gemeinschaftliches Miteinanderarbeiten auch ist.
00:34:31: Ja, meine nächste Frage wäre damit schon beantwortet.
00:34:34: Was möchtest du den Studierenden mitgeben in deinem Studio?
00:34:37: Vor allen Dingen gemeinsames Lernen, dass es ins Feld gehen sozusagen, Feldarbeit betreiben, Grundarbeit.
00:34:45: Also was ich ihnen mitgeben wollen würde oder was ich ihnen gerne mitgeben würde, ist natürlich Neugier, Offenheit und Mut zum eigenen Denken auch so ein bisschen, dass sie ihren eigenen Weg gehen sollen und mir nicht unbedingt alles nachreden müssen, dass es nicht nur darum geht, Ergebnisse zu produzieren, sondern dass es vor allem darum geht, Fragen zu stellen, dass es darum geht, Dinge zu hinterfragen und daraus irgendwann eine eigene Position und eine eigene Haltung zu entwickeln.
00:35:15: Es geht aber auch darum, Raum zu schaffen und den Fehler, den wir so aus dem Handwerk ja sehr oft auch kennen, dass der Teil von einem eigenen Lernprozess ist, dass Experimentieren erlaubt ist und dass wir gemeinsam denken und diskutieren wollen und dass das genauso viel zählt wie das eigentliche Entwerfen selbst.
00:35:38: Es geht aber auch trotzdem um diese Schichten, die ich vorhin angesprochen habe, die Schichten der Gestaltung kennenzulernen, ob das Innenraum, Außenraum, Licht, Farbe, Form, Detail, das Konzept ist und dass es vor allem darum geht, dass Lehre kein Frontalformat
00:35:56: ist.
00:35:57: wo eine Person vorne die Weisheit predigt, sondern dass es ein gemeinsames Suchen und finden ist, auf Augenhöhe und auch Freude an der Arbeit zu haben, die man denn da eigentlich macht.
00:36:09: Und ich glaube, das ist eines der wichtigen Dinge, dass man sich einfach irgendwie Werkzeuge des Glücks versucht, irgendwie auch so ein bisschen zu bauen, die es einem helfen, auch so durch diesen ganzen Wahnsinn durchzukommen, der so vor einem steht.
00:36:25: Super.
00:36:27: Ich hatte zwar noch auf der Liste, was wünschst du dir generell in der Lehre, aber ich finde, das hast du damit
00:36:34: auch
00:36:35: super beantwortet.
00:36:37: Und damit sind wir durch.
00:36:38: Ja, vielen herzlichen Dank für die Einladung und das Gespräch.
00:36:41: Ja,
00:36:41: ich danke dir auch ganz herzlich für deine Zeit und für das Interview.
00:36:45: Sebastian Klawitter.
00:36:46: Das war Studiertum zu Bauen.
00:36:48: Der Baunetzkampus Alumnipodcast präsentiert von Gira.
00:36:51: Wir freuen uns, wenn ihr beim nächsten Mal wieder rein hört und wenn ihr uns eine Bewertung da lasst.
00:36:56: Redaktion und Veröffentlichung Katharina Lux, Baunetzkampus, Moderation und Audio-Produktion Ich, Kerstin Kuhnekath, Berlin,
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